Mit der Niederlage auf Schalke setzt sich der Stuttgarter Negativtrend nach der Winterpause fort. VfB-Trainer Labbadia gerät aber nicht in Panik.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - In der 62. Spielminute tat Zdravko Kuzmanovic dem Publikum einen Gefallen, indem er die Konfusion im Spiel des VfB anschaulich verdeutlichte. Der Serbe, der sich mit den Händen gerne der Gesten eines viel beschäftigten Verkehrspolizisten bedient, spielte mit dem Fuß einen Flachpass über zehn Meter. Der Adressat war Shinji Okazaki - doch der Japaner war noch gar nicht anspielberechtigt. Denn er wartete in diesem Moment an der Seitenlinie neben dem Kollegen Julian Schieber erst auf seine Einwechslung.

 

Weil im Stuttgarter Gefüge neben kleinerer Irritationen auch im großen Ganzen ziemlich wenig zusammenpasste, hat der Club - anders als in den vergangenen drei Spielzeiten, als es jeweils einen Sieg gab - das Auftaktspiel der Rückrunde verloren. Die Niederlage fiel dabei deutlich aus, denn der FC Schalke, der nun punktgleich mit dem Spitzenreiter Bayern München ist, war beim 3:1 die klar bessere Mannschaft. Gegen einen der Topclubs der Liga hat der VfB derzeit also wenig zu bestellen.

Ulreich: "Wir müssen schleunigst besser spielen"

"Wir sind nicht blauäugig und wissen, wie eng alles ist. Aber wir geraten auch nicht in Panik", sagte der VfB-Trainer Bruno Labbadia nach dem inzwischen neunten schwachen Bundesligaspiel in Serie. Auch durch die Zäsur der Winterpause konnte der Negativtrend nicht gestoppt werden. Und so geht der bange Blick der Stuttgarter nun in Richtung Abstiegszone: Auf den Drittletzten Kaiserslautern sind es nur noch fünf Punkte Vorsprung.

"Wir müssen schleunigst besser spielen, sonst kann es noch eng werden", sagte der Torhüter Sven Ulreich, der neben dem Kapitän Serdar Tasci der stärkste Stuttgarter war. Und der Manager Fredi Bobic ergänzte: "Das Potenzial ist da - die Spieler müssen es nur abrufen."

Einiges lief drunter und drüber

Tatsächlich aber lief im Stuttgarter Spiel ohne die Verletzten Christian Gentner (Hüftbeugerzerrung), Timo Gebhart (Bauchmuskelzerrung) und Khalid Boulahrouz (Rückenprobleme) sowie ohne Arthur Boka, Mamadou Bah und Ibrahima Traoré (alle beim Afrikacup) einiges drunter und drüber. Dass Labbadia auf sechs Akteure verzichten musste und die Königsblauen aus Gelsenkirchen mit nun acht Saisonheimsiegen in der eigenen Arena eine Macht sind, taugt dabei aber nur bedingt als Ausrede: Mit einem "klaren 4-3-3-System" hatte Bruno Labbadia seine Elf nach eigener Aussage auf den Rasen geschickt. Allerdings war auf dem Feld vor mit 61.600 Fans ausverkauftem Haus von einer strukturierten Aufgabenverteilung beim VfB kaum etwas zu sehen. "Wir haben den Ball laufen lassen, das Spiel kontrolliert. Aber es fehlte die Zielstrebigkeit nach vorne", sagte der 45-jährige Coach zu dem Umstand, dass seine Profis ziemlich unsortiert umherliefen - und obendrein erschreckend uneffektiv waren: Bis zum ersten Torschuss von Cristian Molinaro dauert es so über eine halbe Stunde.

Der Gegner agierte derweil blitzschnell: Hinten schlief der VfB bei einem Standard, den Joel Matip nach nur drei Minuten zur für die Schalker erfreulichen 1:0-Führung nutzte. "Sechs Spieler haben gefehlt - und drei waren außer Form", sagte Labbadia, der aber keine Namen nannte. Doch die Defizite waren vor allem bei dem Mann unübersehbar, der in Dänemarks zum zweiten Mal in Folge zum "Fußballer des Jahres" gekürt wurde: Die hartnäckige Erkältung während der Winterpause hat sich negativ auf die Leistung von William Kvist ausgewirkt. Ein Argument für milderne Umstände, dass Martin Harnik, der bis dato immer noch der beste Torjäger und Vorbereiter des VfB ist, nicht vorbringen kann. In der 62. Minute wurde der sonst so agile Außenstürmer von Labbadia zu Recht durch Okazaki ersetzt.

VfB-Fan wird es beim Blick in die Zukunft mulmig

Wer aber sollte ohne die schwächelnden Kvist und Harnik beim VfB überhaupt die Richtung vorgeben, nachdem die Hierarchie in der Winterpause durcheinandergewürfelt wurde? Nach der Pause stürmte der von den Kollegen durch die Abwahl aus dem Mannschaftsrat degradierte Cacau neben Pawel Pogrebnjak. Jenem Mann also, dem man von Seiten des Managements klargemacht hat, dass er schnellstmöglich gehen kann. Für den kurzfristig verletzten Boulahrouz spielte zudem in Stefano Celozzi ein Profi, der längst durchgefallen ist.

Beim Blick in die Zukunft kann dem VfB-Fan alles in allem also mulmig werden. Während auf dem Platz kaum ein Rädchen ins andere greift, haben es die nächsten Gegner in sich: Am Sonntag kommt der Bayern-Bezwinger Gladbach - dann geht es nach Leverkusen. In der Vorsaison hat Fredi Bobic mit den Wintertransfers Okazaki und Tamás Hajnal die richtigen Weichen gestellt. Und diesmal? Da darf man es zumindest als freundliche Geste werten, dass eine helfende Hand in der Stadionkapelle der Arena auf Schalke, die nah bei den Umkleidekabinen liegt, nach Spielschluss eine Kerze angezündet hat.